hambacher schlossBis auf den letzten Platz gefüllt war der Reisebus, der 29 Jumeleure und 23 Freunde der Jumelages am Samstag, dem 8. Dezember 2012, bei schönstem Winterwetter zum Hambacher Schloss und zum „Deidesheimer Advent“ brachte.

Am Vortag hatte mich ein Anruf des Gastwirts in Hambach erreicht,bei dem die Reisegruppe ihr Mittagessen einnehmen solltet:„Wird Ihre Reisegruppe morgen bestimmt kommen? Bei uns herrscht ein Schneechaos!“

Ein Anruf beim Hambacher Schloss ergab, dass die Auffahrt zum Schloss wegen einer Theateraufführung am Freitagabend vom Schnee geräumt werden würde. Also entschloss ich mich, die Tagesreise nicht abzusagen. Ein bisschen Abenteuer muss sein.

52 Jumeleure und Freunde der Jumelages fanden sich – trotz der Temperatur von -4 Grad Celsius – am Samstagmorgen gut gelaunt an den Einstiegs­punkten in Griesheim und Darmstadt ein. Bei Son­nenschein fuhren wir auf geräumten Straßen und Autobahnen durch die weiße Schneelandschaft und erreichten nach wenig mehr als einer Stunde den Ortsteil Hambach der rheinland-pfälzischen Stadt Neustadt an der Weinstraße. Jetzt wurde es span­nend: Würde unser Bus die steile Auffahrt zum Hambacher Schloss schaffen? Die Straße zum Hambacher Schloss war geräumt, nur ein wenig Schnee lag auf dem Straßenbelag. Unser Busfahrer, Michael, fuhr langsam und besonnen durch alle Kurven, und wir erreichten nach wenigen Minuten den Parkplatz unterhalb des Hambacher Schlosses.

Von hier aus galt der historische Spruch „Hinauf, hinauf zur Burg!“, und zwar per pedes. Nach einem Anstieg von etwa 200m Länge und ein paar steilen Stufen hatten wir die Terrasse vor dem Schloss er­reicht und wurden dort mit einer herrlichen Aus­sicht auf die sonnenbeschienene und schneebe­deckte Rheinebene belohnt. Schnell waren die Teil­nehmer in zwei Gruppen aufgeteilt und die „Ein­trittskarten“ in Form von Bändern um die Handge­lenke gelegt. Um 11 Uhr begannen die Führungen.

Wir lernten zuerst die Baugeschichte des Hamba­cher Schlosses kennen, von der mittelalterlichen Kästenburg (pfälzisch für „Kastanienburg“), über die bayerische Maxburg bis zu den Baumaßnahmen seit dem 20. Jahrhundert. Seine Bedeutung erlangte das Hambacher Schloss durch das „Hambacher Fest“ von 1832, eine viertägige Protestveranstaltung gegen die Repressionsmaßnahmen der damaligen bayerischen Verwaltung. Weil politische Kundge­bungen verboten waren, gaben die Organisatoren die Veranstaltung als „Volksfest“ aus. Etwa 30 Tsd. Menschen zogen mit Trompetensignalen und Musik die geschmückten Wege zur damaligen Schlossruine hinauf. Auf der höchsten Zinne des Schlosses wurde die schwarz-rot-goldene Fahne aufgesteckt. In zahlreichen Reden, Grußadressen, Liedern und Trinksprüchen wurden die unterschiedlichsten For­derungen erhoben. So geriet das „Hambacher Fest“ zu einer Demonstration für Demokratie auf deut­schem Boden, an dem auch Gruppen aus Frank­reich und Polen teilnahmen. Unsere Führer erläu­terten uns die Demokratiebestrebungen in Deutsch­land anhand der Ausstellung „Hinauf, hinauf zum Schloss!“, die einen Überblick über die Demo­kra­tieentwicklung bis in die Gegenwart zeigt.

Nach so vielen Informationen über die deutsche Geschichte waren wir hungrig. Unser Reisebus brachte uns zu einem Restaurant in Hambach, wo wir uns Pfälzer Saumagen und andere Pfälzer Ge­richte schmecken ließen. Leider war das Personal des Restaurants nicht gut organisiert, sodass unser Mittagessen mehr Zeit verbraucht hat als geplant. Nach dem Mittagessen fuhren wir weiter in die Weinstadt Deidesheim.

In Deidesheim erwartete uns einer der bekanntesten Weihnachtsmärkte Deutschlands, der „Deides­heimer Advent“. Auf der „Himmlischen Meile“ zwischen dem Bahnhof und dem Stadtplatz hatten etwa 100 Aussteller eine kleine Welt voller Krippen­figuren, Holzspielzeug, Christbaumschmuck und vielen weiteren kunsthandwerklichen Attraktionen für Groß und Klein geschaffen. Zahlreiche Buden boten Bratwürste, Flammkuchen, Kartoffelpuffer, Glühwein und andere Köstlichkeiten an. Einige Dei­desheimer Künstler hatten ihre Ateliers geöffnet, im Kulturhaus waren Krippen aus unter­schiedl­ichen Materialien ausgestellt und in der Stadthalle konnte eine der größten transportablen Modelleisenbahnen Deutschlands bewundert werden. Wer sich nicht für den Weihnachtsmarkt interessierte, hatte die Mög­lichkeit, das Museum für Weinkultur oder das Deut­sche Film- und Fototechnik-Museum zu besuchen. Als sich die Reiseteilnehmer um 17 Uhr zur Rück­fahrt trafen, wurde übereinstimmend festgestellt „Das war einer der schönsten Weihnachtsmärkte.“ und „Schade, dass wir nicht noch eine Stunde blei­ben können!“ Zum Trost bot Klara Nagl ein Gläs­chen Griesheimer Brände an.

Meinhard Dausin