Werner Kother gab eine Rückschau beim Treffen in der Weiler Hütte

Werner Kother"Im Herbst 1979 erfuhr der damalige Amts-vorsteher des Postamts Böblingen, Herr Heucke, von seinen Kollegen, dass bei vielen Nachbarämtern es Partnerschaften zu französischen Dienststellen gebe über den Verein Jumelages Européens Post, Telegraph, Telephon. Die JEPTT war von Postkollegen in Deutschland und Frankreich gegründet worden. Es waren oft Kriegsteilnehmer, die verhindern wollten, dass die alte „Erbfeindschaft“ weiterbesteht.

 

 

 

Nie wieder Krieg sondern Freundschaft war das Motiv! Herr Heucke schlug vor, eine Sektion in Böblingen zu gründen und französische Partner zu suchen. Viele hiesige Postler und Fernmelder unterstützten die Idee. So wurde am 20.11. 1979 eine Versammlung einberufen. Es wurde der Gründungsbeschluss gefasst und ein Sektionsvorstand gewählt. Vorsitzender wurde der Amtsvorsteher des Postamts, Kurt Heucke.

Ein Problem zeigte sich sofort: Es konnte fast niemand Französisch. Viele Mitglieder hatten in der Volksschule – damals für die meisten Beschäftigten der übliche Bildungsweg - keine Fremdsprache gelernt. Deshalb wurden in den Sektionsvorstand Peter Tacke, Brigitte Geiß und Erwin Bessler gewählt, die unterschiedliche Sprachkenntnisse hatten. Der ehemalige Personalchef, Theo Schaupp, konnte sich durch Ableitung aus seinem Schullatein verständigen. Er unterstützte als ehemaliger Kriegsteilnehmer die Völkerverständigung von Anfang an durch aktive Beteiligung an allen Maßnahmen.

In dieser Zeit wurde die Bundeswehrkaserne in Böblingen durch die Deutsch-französische Brigade belegt. Da stellte das Postamt bei der Oberpostdirektion den Antrag, den Schalter-beamten Erwin Bessler auf Postkosten nach Frankreich zu einem Sprachlehrgang zu entsenden, um eine Verständigung in besserem Französisch mit den Soldaten zu gewährleisten. Nachdem dieser Antrag zunächst für große Auf-regung sorgte, wurde er schließlich doch genehmigt. Im kalten Krieg hatte die Verteidigung Vorrang. So hatte die Sektion einen Chefdolmetscher.

Erwin schaute bei dem Sprachaufenthalt im Postamt Pontoise (bei Paris) vorbei, der französischen Partnerstadt von Böblingen. Er warb für eine Partnerschaft. Er holte sich eine Abfuhr. Man sagte ihm, dass in Frankreich viele Nachwuchskräfte einige Zeit im Großraum Paris arbeiten müssten, um den dortigen Personalmangel zu lindern. Die Leute hätten nur ein Interesse: Sie wollten so schnell wie möglich zurück in ihre Heimatregion!

Deshalb bat man den Bundesvorstand von Jumelages um Hilfe. Man erhielt den Hinweis, dass es Gleichgesinnte in Alençon gab, die deutsche Partner suchten. Dieses Städtchen liegt 200 km westlich von Paris im südlichsten Zipfel der Normandie. Dort bestand eine Städtepartnerschaft mit Quakenbrück (nördlich von Osnabrück), wo die Post nur schwach vertreten war. Im Jahre 1981 fuhr eine 8-köpfige Delegation aus Böblingen nach Alençon zum „Beschnuppern“. Man verstand sich. 1982 kamen dann die Franzosen zu uns. Dabei wurde ein Freundschaftsabkommen von den Herren Heucke und Barbeau unterzeichnet. Es wurde vereinbart, dass die Gäste hier wie dort jeweils in den Familien untergebracht werden.

Große Probleme bereitete der Besuch der Franzosen im Jahre 1984. Diese kamen mit 2 Bussen und mussten in deutschen Familien untergebracht werden! Dies ist dann auch unter großen Schwierigkeiten gelungen. Für künftige Treffen wurde danach festgelegt, dass die Besuche jeweils auf einen Omnibus zu begrenzen sind.

Wünsche von Mitgliedern, auch italienische Partner zu suchen, lehnte der damalige Vorstand ab. „Wir sind kein Reisebüro“, lautete die Aussage an die Versammlung. Die Treffen begannen meist mit einem Sektempfang in einer Kantine. Manchmal traf man sich an einem anderen Ort und startete dort die Besichtigungen. Es fanden immer ein gemeinsamer Ausflug zu Sehenswürdigkeiten und ein Freundschaftsabend mit Reden und Unterhaltung statt. Hüben wie drüben schlossen sich Gastgeberfamilien zur gemeinsamen Gestaltung zusammen, was die Kommunikation erleichterte. So wurden den Gästen in Deutschland viele Orte in der näheren oder weiteren Umgebung gezeigt. Die Deutschen lernten dafür große Teile der Normandie und Gegenden an der Loire und südlich davon kennen. Besonders reizvoll waren Fahrten an die Kanalküste nach Mont-St.- Michel, zu den Kreideklippen und in einige Seebäder.

In Zeiten der Bundespost wurden die Treffen vom Arbeitgeber finanziell unterstützt, wenn man postalische oder Fernmelde-Einrichtungen besichtigte, Als Herr Heucke in Ruhestand ging, wählten die Mitglieder jeweils seine AV-Nachfolger, Kurt Niethammer und Emil Alber, zu Sektionsvorsitzenden. Während Herr Heucke hauptsächlich repräsentierte und das übrige Vereinsgeschehen andern überließ, kümmerten sich seine Nachfolger mehr und mehr um Einzelheiten der Vereinsarbeit. Besonders bemühte sich Emil nach dem Ende der Bundespost und in seiner neuen Aufgabe als Leiter des Paketzentrums Eutingen um das Weiterbestehen der Sektion und um die Anwerbung von weiteren Mitgliedern.

Die Postnachfolgeunternehmen stellten die Förderung der Vereinsarbeit der Beschäftigten ein. Die Jumeleure wurden älter und krank, viele konnten sich nicht mehr beteiligen. In Frankreich gab es eine ähnliche Entwicklung. Auch dort wurden die Aktiven weniger. Etienne Monnier, der nach Versetzung von M. Barbeau vor Jahren Sek-tionspräsident geworden war, wollte das Amt abgeben. Er fand aber keinen Nachfolger. So beschloss eine Mitgliederversammlung mit 20:2 Stimmen die Auflösung der Sektion Alençon.

Für die Böblinger erwies sich nun die Fusion mit der Sektion Tübingen als richtig.

Nach dem Tode von Emil übernahm seine Frau Michaela den Vorsitz und es gelang ihr, mit der Sektion Toulouse neue französische und mit Coimbra portugiesische Partner zu finden. So hoffen alle, dass wir im Sinne der Gründer von JEPTT noch eine Zeitlang weiter für die Verständigung mit ausländischen Kollegen wirken können."

Im Anschluss an den Rückblick wurden die von einigen Jumeleuren mitgebrachten Fotos von Partnerschaftstreffen vergangener Jahre gesichtet. Dabei wurde beim Anschauen und Austauschen von Erinnerungen viel gelacht.